Die „maskierten Pferde“ der Pazyryk-Kultur

Im Hochland des Altai-Gebirges (Vierländereck Russland-Mongolei-Kasachstan-China) lebten in der Eisenzeit nomadische Stämme, deren Namen uns heute nicht mehr bekannt sind, deren materielle Kultur jedoch in den Komplex der anderen nomadischen Kulturen des antiken Steppengürtels gehört. Die Archäologie bezeichnet dieses Kulturareal heute als „Pazyryk-Kultur“, da die ersten Funde aus antiker Zeit im Pazyryk-Tal gemacht wurden.

Die Blütezeit der Pazyryk-Kultur datiert ins 4./3. Jh. v. d. Z., aus dem eine Vielzahl gut erhaltener Gräber überdauert haben. Den guten Erhaltungszustand verdanken wir dem Permafrost-Boden des Altai-Gebirges, in dem die Funde ca. 2500 Jahre lang „tiefgefroren“ und so konserviert wurden. Aufgrund dieses glücklichen Umstandes liegen viele Funde aus organischem Material wie Filz, Holz, Leder und Stoff mit zum Teil noch leuchtenden Farben vor, was sehr ungewöhnlich für Gräber der Eisenzeit ist.

Eine spektakuläre Besonderheit der Pazyryk-Kultur sind die Funde mehrerer Pferde, die im Rahmen des Grabritus geopfert und in die Grabkammern gelegt wurden. Sie waren zum Teil mit reich verziertem Zaum- und Sattelzeug ausgestattet. Einige Pferde trugen sogar Masken, die den gesamten Kopf des Tieres einschlossen und Geweihaufsätze oder Tierprotomen aufweisen.

Welchen Zweck diese „Verkleidung“ der Pferde hatte, ist bis heute nicht eindeutig geklärt. Zweifelsohne erfüllte das Pferd als Reit- und Lastentier sowie als Nahrungs- und Wirtschaftsgrundlage eine zentrale Rolle in der viehnomadischen Gesellschaft. Ein derart aufwändiges Ornat dürfte daher symbolisch hoch aufgeladen und keine reine Zierde für das Tier gewesen sein. Ob die Maskierung für die Pferde jedoch nur einmalig im Rahmen des Begräbniskults oder auch für andere Zeremonien mehrfach genutzt wurden, wissen wir nicht. Zaum- und Sattelzeug sowie die Verzierungen waren vor allem aus tierischen Produkten, also aus Filz, Leder, Holz, Rosshaar und einem organischen Kleber hergestellt. Nur wenige Teile wie das Gebiss oder die dünnen Folien aus Gold und Zinn, mit denen man Holz und Leder belegte, waren aus Metall. Die Motive, welche zur Verzierung angebracht wurden, sind vor allem Tierkampfszenen oder Bilder aus dem Bereich des frühnomadischen Tierstils. Sie untermauern die Vermutung, dass die komplette Ausstattung der geopferten Pferde einen zentralen Symbolgehalt hatte, der sich heute unserer Kenntnis weitgehend entzieht.

Literatur:

Rudenko, Sergei I.: Frozen Tombs Of Siberia – The Pazyryk Burials of Iron Age Horsemen, 1970.

Gryaznov, M.P.: ПЕРВЫЙ ПАЗЫPЫКСКИЙ КУРГАН (The First Pazyryk Kurgan), 1950

Busova, V.S.: О Конских Масках Раннего Этапа Пазырыкской Культуры (Über Pferdemasken der frühen Pazyryk Kultur), 2014

Busova, V.S.: Опыт Реконструкции Конской Маски Раннего Этапа Пазырыкской Культуры (Erfahrungen bei der Rekonstruktion von Pferdemasken der frühen Pazyryk Kultur), o. J.

Polosmak, N.V.: Всадники Укока (Ukok Reiter), 2001

Polosmak, N.V.: Костюм и Текстиль Пазырыкцев Алтая (Kostüme und Textilien des Pazyryk Altai), o.J.

Hier geht’s zu den Ausstattungsdetails des Pazyryk-Pferds.

Die Originalmaske aus der Eremitage in St. Petersburg