5. Jh. v. d. Z.Ukok-Princess

In den 1990er Jahren wurde unter Leitung der russischen Archäologin N. Polosmak auf dem Ukok-Plateau (Altai) im Gräberfeld Ak-Alacha das unberaubte Grab einer Frau ausgegraben, die Angehörige der sogenannten „Pazyryk Kara-Koba Kultur“ des Altai-Hochlandes war. Die Pazyryk-Kultur gehört in den Kreis skythenzeitlicher Völkerschaften, stellt in jeder Hinsicht aber eine eigenständige Kultur dar. Eine ihrer Besonderheiten sind die gut erhaltenen organischen Materialien wie Holz, Wolle und Leder, welche, in den Gräbern durch den Permafrost konseviert, in außergewöhnlich guter Beschaffenheit die Zeiten überdauert haben. Beispielsweise blieben große Teile der Tracht und zahlreiche Holzobjekte erhalten, die unter normalen Umständen nach 2.500 Jahren längst vergangen wären. Das gilt auch für die Mumie der jungen Frau, die man in Ak-Alacha-3 fand. Auf den Armen und Händen der Toten fanden sich Tätowierungen, die man noch bis in die kleinsten Details erkennen kann. Lediglich die Kopfpartie war leider nicht gut erhalten, sondern barg nur noch den Schädel, anhand dessen man eine Gesichtsrekonstruktion vornahm. Tanya Balueva modellierte ein Erscheinungsbild mit ausschließlich europidem Phänotyp, da eine DNA-Untersuchung zeigte, dass keinerlei Verwandtschaft mit der heute ansässigen Bevölkerung des Altai und der „Ukok-Prinzessin“ besteht. Dennoch führte die Rekonstruktion zu Protesten, da auch ein mongolider Phänotyp denkbar ist und die lokale Bevölkerung in der „Ukok-Prinzessin“ eine Ahne erkannte. Erdbeben und Unglücksfälle kurz nach dem Bergen und Abtransport der Toten nach Nowosibirsk waren Ausdruck des Zorns der Toten über ihr Entfernen aus der Heimat. Erst nach mehreren Protestaktionen wurde die „Ukok-Prinzessin“ in die Republik Altai repatriiert, wo sie bis heute in einem Museum beherbergt wird. Eingehende forensische Untersuchungen an der „Prinzessin“ selbst brachten weitere Details der Lebensumstände dieser Person zu Tage. So wurde die „Prinzessin“ nur 20-25 Jahre alt und starb offenbar an Brustkrebs, dessen Metastasen bereits den ganzen Körper befallen hatten. Zudem muss sie 2-3 Monate vor ihrem Tod einen schweren Sturz auf die rechte Körperseite erlitten haben (Reitunfall?), wie ein Bruch des rechten Oberschenkelknochens und weitere Verletzungen zeigten. Die letzten Monate ihres Lebens kann Sie daher nur liegend verbracht haben. Da sie in ihrem letzten Lebensabschnitt offensichtlich intensiv gepflegt und versorgt wurde, lässt dies den Schluss zu, dass sie für ihre Gemeinschaft eine zentrale und wichtige soziale Rolle gespielt haben muss. Auch die relativ aufwändige Bestattung, die sonst nur höher gestellten Persönlichkeiten zuteil wurde, stützt diese Annahme.
Bei den Untersuchungen wurde weiterhin ein intensiver Drogengebrauch und eine starke Kupfervergiftung nachgewiesen. Im Grab fand sich ein bronzenes Räuchergefäß mit verkohlten Kräuter- und Gewürzsamen. Die Tote hatte den Rauch wohl regelmäßig und intensiv (sicherlich auch zur Schmerzlinderung) inhaliert. Dies muss zu massiven Bewusstseinsstörungen und  Halluzinationen geführt haben. Dies legt die Vermutung nahe, dass sie vielleicht als Mittler/Medium zur „Anderswelt“ diente und als Priesterin/Schamanin fungierte. Das Fehlen jeglicher Waffenbeigaben zeigt ebenfalls, dass sie keine Anführerin im üblichen Sinn gewesen sein kann.

Hier geht es zur Ausstattung der Ukok-„Prinzessin“.

Literatur:
Polos’mak, Natal’ja Viktorovna (1997): Pasyrykskaja Kul’tura. Rekonstrukzija mirovosseren českikh i mifologi českikh predstavlenij. Novosibirsk: Rossijskaja Akademija Nauk.
Molodin, Vja česlav I. und Natal’ja V. Polos’mak (2007): Die Denkmäler auf dem Ukok-Plateau. In: Deutsches Archäologisches Institut u.a. (Hg.): Im Zeichen des Goldenen Greifen. Königsgräber der Skythen, 140-147.
Polos’mak, Natal’ja und L. Barkova (2005): Kostjum i tekstil‘ pazyrykzev Altaja, Novosibirsk: Infolio